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Gainsbourg - Der Mann, der die Frauen liebte
In erster Linie wird viel geraucht
Joann Sfars Biopic über den französischen Hallodri setzt viel
Kenntnis voraus
Was kommt dabei heraus, wenn man sich in einem Biopic über einen Künstler, der es liebte, sich öffentlich
zu inszenieren und sein eigenes Leben zu mythisieren, mit dem Mittel der Mythisierung
behilft, weil man den Kerl eigentlich ganz knuffig findet? Das nennt man dann
wohl Werktreue - und Werktreue ist per se langweilig. Zumal, wenn es um Serge
Gainsbourg geht, den einzigen Popstar, den Frankreich hervorgebracht
hat, bevor Frankreich den Pop kapierte. Um gar nicht erst das Missverständnis
aufkommen zu lassen, es hier mit einer kritischen Analyse des Mythos Gainsbourg zu tun zu bekommen, hat der Comicstar Joann Sfar seinem Film denn auch den Untertitel "Vie heroique" verpasst. Und zumindest in der ersten Viertelstunde gelingt
Sfar mit seinen Mitteln auch tatsächlich ein aufregendes
Spiel mit den Realitätsebenen, indem er die Figur Gainsbourg
mit einem Alter Ego ausstattet. Auch die jüdische Identität des Mannes
versteht Sfar fantasievoll in seinen Film zu integrieren.
So beginnt der Film wie ein leicht surreales Märchen,
verflacht dann aber zusehends zugunsten der kursorischen Chronologie: Und dann
wird Gainsbourg von Boris Vian entdeckt, und dann tritt Brigitte Bardot
in sein Leben, und dann Jane Birkin, und dann noch ein Exzess, und dann noch
ein toller Song und dann noch ein Skandal. Und dazwischen und dabei wird geraucht,
geraucht, geraucht. Der geniale Hallodri Gainsbourg ist im Ausland
so recht erst nach seinem frühen Tod 1991 entdeckt worden. Die Frage ist
also: Wie gut kennt man sich aus in Leben und Werk Gainsbourgs?
Ist man firm, wird der Film schnell langweilig und berechenbar. Ist man Novize,
wird man viele Anspielungen nicht verstehen. Dazwischen kann man nicht vermitteln.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist zuerst erschienen in der: Stuttgarter
Zeitung
Gainsbourg - Der Mann, der die Frauen liebte
Frankreich 2009 - Originaltitel: Gainsbourg
(vie héroïque) - Regie: Joann Sfar - Darsteller:
Éric Elmosnino, Doug Jones, Laetitia Casta, Lucy
Gordon, Anna Mouglalis, Mylène Jampanoï, Sara Forestier, Kacey Mottet Klein - FSK: ab 12 - Länge: 121 min. - Start: 14.10.2010
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