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Gegen
jeden Zweifel
Im
Zweifel für das Original
Peter
Hyams Remake eines Thrillers von Fritz Lang: "Gegen jeden Zweifel"
Der
Unterschied zwischen Kaffee aus dem Supermarkt und Kaffee von Starbuck's ist
vermutlich nicht so groß, dass man darüber eigene Fernsehsendungen
machen müsste. Genau das aber sind die Themen, mit denen sich der junge
Reporter C.J. Nicholas (Jesse Metcalfe) befasst: Er ist eine Art Volksanwalt
mit Kamera, unermüdlich macht er auf Missstände aufmerksam, die andere
Leute achselzuckend übergehen würden. C.J. ist ehrgeizig und zwar
so sehr, dass er für seinen Durchbruch notfalls auch die Gesetze brechen
würde.
Und
so fasst er einen kühnen Plan: Er möchte für einen Mord vor Gericht
gestellt werden, den er selbst nicht begangen hat, für den er sich aber
durch geschickt platzierte Indizien verdächtig machen will. C.J. möchte,
dass er für ein Verbrechen zu Unrecht verurteilt wird: "Gegen jeden
Zweifel", wie der Film von Peter Hyams heißt. "Beyond a Reasonable
Doubt" ist der Originaltitel, und schon mit dem legendären RKO-Signet
zu Beginn des Films weist sich dieser Justizthriller als Remake eines Klassikers
gleichen Namens von Fritz Lang aus dem Jahr 1956 aus.
Damals
ging es ganz konkret um die Todesstrafe: Wenn ein Unschuldiger allein durch
"circumstantial evidence" (also durch "belastende Umstände")
verurteilt werden kann, dann ist das ganze System falsch. Um diesen Beweis ging
es bei Lang, der aus diesem ethischen Experiment geradezu eine Studie der trügerischen
Elemente des Thrillergenres machte. In der aktuellen Version ist dieses Motiv
ein wenig verwässert, weil die Gegenposition zu C.J. Nicholas stärker
individualisiert wird: Michael Douglas spielt Mark Hunter, einen Staatsanwalt,
der notfalls auch Beweise fälscht. Bei allen Fällen, die er vor Gericht
als Kläger vertritt, taucht überraschend belastendes DNA-Material
auf. Nun, da Hunter kurz davor steht, für ein hohes politisches Amt zu
kandidieren, stellt ihm der junge Reporter eine Falle. Bald sitzt er jedoch
selbst in der Klemme, denn die Sache läuft nicht nach Plan, und so obliegt
es der jungen Juristin Ella Crystal (Amber Tamblyn), die schwierige Beweislage
zu entwirren. Es trifft sich gut, dass sie zugleich die Assistentin von Mark
Hunter und die Freundin von C.J. Nicholas ist - sie hat also Zugang zu den beiden
Lagern und damit beste Voraussetzungen, um die Wahrheit herauszufinden und zu
beweisen.
Von
der fast schon überdrehten Weise, in der Fritz Lang das Manipulationsvermögen
des Films ausstellte, ist bei Peter Hyams nichts zu spüren: Er erzählt
den Plot sehr bieder herunter, lässt Michael Douglas eine routinierte Starshow
abziehen, und verlässt sich stark auf die Popularität von einschlägigen
Fernsehserien aus dem Feld der forensischen Kriminalistik, von der "Gegen
jeden Zweifel" profitieren soll. Die kompakte Thrillerform, die Fritz Lang
zu seinem eigentlichen Thema gemacht hatte, wird bei Peter Hyams schwammig -
ganz so, als käme es - wie beim Kaffee - nur auf die Verpackung, nicht
aber auf die Essenz an. Tut es aber doch, deswegen empfiehlt sich hier der Griff
zum Original.
Bert
Rebhandl
Dieser
Text ist zuerst erschienen in der: Berliner Zeitung
Gegen
jeden Zweifel
USA
2009. – OT: Beyond a Reasonable Doubt - Regie, Drehbuch & Kamera: Peter
Hyams, nach der Vorlage von Douglas Morrow, Darsteller: Jesse Metcalfe, Michael
Douglas, Amber Tamblyn u. a.; 105 Minuten, Farbe. FSK ab 12 Jahre. Dt. Start:
04.02.2010
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