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Gesetz
der Straße
- Brooklyn's Finest
Agenten
des Chaos
Drei
Cops im Kampf gegen Dealer, Killer - und die eigenen Dämonen: "Gesetz
der Straße - Brooklyn's Finest"
Sieben
Tage fehlen dem Polizisten Eddie noch bis zum Ruhestand. Sieben Tage, in denen
er einem jungen Kollegen die Welt erklären kann und in denen er seinen
Zynismus noch ein wenig im Zaum halten muss. Sieben Tage, in denen eigentlich
nicht mehr viel passieren müsste, wenn, ja wenn Eddie (Richard Gere) nicht
eine der drei Hauptfiguren in einem Polizeithriller von Antoine Fuqua wäre.
In "Gesetz der Straße - Booklyn's Finest" sind die sieben Tage
von Eddie die erzählte Zeit, in der sich eine komplexe Geschichte entfaltet.
Die lokalen Gesetzeshüter im östlichen Brooklyn, einem Stadtbezirk
von New York City, stehen dabei im Mittelpunkt.
Die
Cops sind hier vielfach vertreten, aber drei Figuren ragen heraus. Neben Eddie
ist da noch Sal (Ethan Hawke), ein Weißer in mittleren Jahren, der vor
allem mit familiären Problemen zu kämpfen hat. Sals Frau ist Asthmatikerin,
die beiden Söhne sind schon ziemlich groß, das Haus ist deutlich
zu klein, und nun ist Angela auch noch mit Zwillingen schwanger. Der dritte
Polizist in "Gesetz der Straße" wird Tango genannt; er arbeitet
als verdeckter Ermittler und hat es dabei geschafft, zum Vertrauensmann von
Caz zu werden, einem lokalen Drogenbaron, bei dem viele der Fäden zusammenlaufen,
die der Regisseur Antoine Fuqua hier spinnt.
Tango
(Don Cheadle) möchte eigentlich nur noch in den Innendienst versetzt werden,
aber die Zwänge der Behörde lassen das nicht zu. Alle drei Cops arbeiten
ständig an der Grenze, an der sie das Gesetz, das sie hüten müssen,
selbst überschreiten. Die Hüter von Recht und Ordnung sind in Wahrheit
selbst Agenten des Chaos. Das Ansehen der Polizei steht dabei stets im Mittelpunkt.
Wenn es sein muss, werden dafür auch die Fakten geleugnet - wenn ein unschuldiger
junger Afroamerikaner in einem Laden an der Ecke zu Tode kommt, dann muss er
eben durch die Aussage eines Cops zum Drogenabhängigen erklärt werden.
Die
alte Logik von Gut und Böse, die so lange das strukturierende Moment des
amerikanischen Genrekinos war, ist in "Gesetz der Straße" endgültig
durch die Zwänge eines Systems abgelöst, das in erster Linie sich
selbst und in zweiter Linie den Mythos seiner makellosen Funktionalität
aufrechtzuerhalten versucht. Da die Polizisten in der Regel im Duo oder überhaupt
im Team arbeiten, kommen sie immer wieder in kompromittierende Situationen,
in denen sie einander decken oder belasten müssen, in denen sie die Wahl
haben, Verräter oder Komplize zu sein. Die allgegenwärtigen Drogen
schaffen einen Markt mit schwarzem Geld, aus dem sich ein Mann wie Sal bedienen
kann, um die Anzahlung für ein neues Haus aufzubringen. Er darf eben nur
nicht erwischt werden, und er darf dabei nicht zu weit gehen.
Antoine
Fuqua schließt mit "Gesetz der Straße - Brooklyn's Finest"
an seinen eigenen Hit "Training
Day"
(2001) an. Er weitet hier aber noch einmal die Perspektive, und bekommt auf
diese Weise vieles in den Blick, was in den letzten Jahren vor allem in Fernsehserien
wie "The Wire" verhandelt wurde: Rassismus, Institutionenlogik, vierte
Gewalt. Öffentliche Aufmerksamkeit fürchtet die Polizei von New York
wie sonst nichts; unter allen Bedingungen versucht sie, nur dann in die Presse
zu kommen, wenn ein Erfolg zu vermelden ist.
Keine
der Geschichten ist dabei wirklich neu oder auch nur neu durchdacht - es sind
Klischeekonstellationen, auf denen "Gesetz der Straße" aufbaut.
Vor allem der von zwanzig Dienstjahren innerlich schwer versehrte Eddie ist
eine Figur, die fast schon zu deutlich auf die Abweichungen vom Ideal verweist,
um die es hier geht. Richard Gere sieht auch immer noch zu gut aus, um in das
in fast allen anderen Bereichen exzellent ausgewählte Ensemble mit letzter
Glaubwürdigkeit hineinzupassen - sein skeptischer Blick kommt aus einer
anderen Welt als der engen des östlichen Brooklyn. Aber das ist auch schon
der einzige größere Widerspruch zwischen dem Star-Prinzip, dem auch
"Gesetz der Straße" noch unterliegt, und dem epischen Interesse,
um das es Fuqua deutlich geht. Auf knapp über zwei Stunden sind hier Vorgänge
komprimiert, die sich in der wirklichen Welt über sieben Tage verteilen,
die in der Welt des filmischen Erzählens aber eigentlich schon eher auf
eine Serie verweisen als auf diesen ehrgeizigen Thriller.
Bert
Rebhandl
Dieser Text ist zuerst erschienen in der: Berliner Zeitung
Zu
diesem Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere
Texte
Gesetz
der Straße - Brooklyn‘s Finest
(Brooklyn‘s
Finest)
USA
2009. Regie:
Antoine Fuqua. Buch: Michael C. Martin. Produzenten:
Basil Iwanyk, John Langley, Elie Cohn, John Thompson. Kamera:
Patrick Murguia. Schnitt: Barbara Tulliver. Musik: Marcelo Zarvos. Ausstattung:
Therese Deprez. Produktionsgesellschaft: Brooklyn‘s Finest/Thunder Road/Millennium.
Verleih: Kinowelt. L: 132 Min. FSK: 16,ff. Darsteller: Richard Gere, Don Cheadle,
Ethan Hawke, Wesley Snipes, Vincent D‘Onofrio, Lili Taylor, Ellen Barkin.
Start:
1.4.10 (D), 2.4.10 (A), 8.4.10 (CH)
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