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Inside
Hollywood
Ach,
Hund. Ach, Bart.
Barry Levinsons Satire "Inside Hollywood"
ist reich an Anspielungen, Selbstdarstellern und Stars - und ging in den USA
an den Kassen unter.
Der Hund ist tot, da liegt das Problem
in Barry Levinsons "Inside Hollywood"-Film begraben. Beziehungsweise
liegt dieser tote Hund tot im Film-im-Film "Fiercely" des britischen
Regie-Halbstarken Jeremy Brunell (unausgeschlafen: Michael Wincott). Im Film-im-Film
spielt die Hauptrolle: Sean Penn (überzeugend gespielt von: Sean Penn).
Am Ende von "Fiercely", das wir am Anfang von "Hollywood Insider"
sehen, rollt Sean Penn angeschossen eine Halde hinunter, ein weißer Hund
(clever auf Sam Fullers "White Dog" anspielend: ein weißer Hund)
nähert sich, ebenso nähern sich die Bösen, die aber mit der Kanone
in der Hand. Die Bösen schießen den Hund tot, dass das Blut nur so
spritzt. Danach wird Sean Penn abgeknallt und im Test-Screening, mit dem Levinsons
Film beginnt, ist das Entsetzen groß. "FUCK YOU" in großen
Lettern auf die Bewertungsbögen gesetzt - das ist fast noch einer der freundlicheren
Kommentare.
Der Hund ist tot, Hollywoodproduzent Ben
(dreitagebärtig: Robert De Niro) hat ein Problem. Der Film, so viel ist
klar, wird ein Flop. Besprechung mit der Studiochefin Lou (knallhart: Catherine
Keener): der Hund darf nicht sterben. Regisseur Brunell kriegt einen Anfall,
dass die Smarties nur so durch die Gegend fliegen. Böse Drohungen, Entzug
des Final Cut, der Regisseur wirft Drogen ein, Ergebnis: der Hund lebt und beschlabbert
sein totes Herrchen Sean Penn zärtlich. "Fiercely" wird gewiss
immer noch ein Flop, darf aber nach Cannes, als Eröffnungsfilm, wo dann
alle ihr blaues Wunder erleben. "Thumbs up" aber von Sean Penn, dem
Regisseur übrigens und Drehbuchautor und Hauptdarsteller von "Into
the Wild", den im
richtigen Leben "Hollywood Insider"-Autor Art Linson (auf Pressefotos:
dreitagebärtig) produziert hat. An den fürs Genre üblichen Verzwicktheiten
und realfiktionalen Anspielungen mangelt es dem Film nicht. An Schärfe
und Witz und an einer eindeutigen Haltung zum Gegenstand schon.
Darum ist das, was am Ende rauskommt,
als Barry-Levinson-Film, eine trotz maximaler Starbesetzung recht müde
Angelegenheit, die sich immer wieder auf Nebenschauplätzen verläppert.
Eher weinerlich tritt Ben auf im Verhältnis, das er mit seiner zweiten
zukünftigen Ex (am falschen Mann: Robin Wright Penn) immer noch hat. Ganz
besonders doof ist etwa die Szene beim Therapeuten. (Aber wahrscheinlich aus
dem Leben gegriffen.) Noch eine mehr oder minder durchlaufende, trotzdem eher
überflüssige Geschichte: Ein Hollywood-Agent hat sich umgebracht.
Eher erstaunlich als sonderlich tragisch finden das Kollegen und Freunde. So
zynisch geht es zu in der Filmindustrie. Nicht immer ganz geschmackssichere
Witze machen Linson & Levinson bei der Gelegenheit über die jüdische
Präsenz im Betrieb.
Nicht recht funktionieren will ein anderer
rote Faden und running
gag des Films: Bruce Willis
mit Bart - in Wahrheit war es übrigens, wie Insider wissen, Alec Baldwin,
der auf einem Bart insistierte. Der Hund ist tot, der Bart ist dran, das sind
die zentralen Probleme des Hollywoodproduzenten. Es ist, zugegeben, ein prächtiger,
ein mächtiger Bart, einer, wie ihn der große Indie-Barde und Gelegenheitsschauspieler
Will Oldham (s. "Old
Joy") so eindrucksvoll
trägt. Und dieser Bart soll ab, weil sich mit ihm schlecht identifizieren
lässt. "FUCK YOU" sagt der Bart zum Publikum. "FUCK YOU"
sagt Bruce Willis (bärtig: Bruce Willis) zu seinem Agenten (am Rand des
Nervenzusammenbruchs: John Turturro).
"FUCK YOU" sagt aber "Inside
Hollywood" zu gar niemandem. Mit seinem Helden hat er Selbstmitleid, seine
Stars nehmen sich, kaum anders als in Ricky Gervais' Serie "Extras",
gern und ohne große Image-Nebenwirkungen auf die Schippe. Barry Levinson
zeigt - wahrscheinlich, weil ihm auch langweilig war -, immer mal wieder, was
er an Jump-Cut-, Montage- und Zeitraffer-Tricks so drauf hat. Es ist schon Betrieb
in diesem Film, das Staraufkommen gewaltig. Aber man sitzt davor und denkt nur:
Ach, Hund. Ach, Bart. Die Angelegenheit ist missraten, aber auch das noch auf
sehr uninteressante Weise.
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen
am 25.03.2009 in: www.perlentaucher.de
Inside
Hollywood
Willis,
De Niro, TucciUSA 2008 - Originaltitel: What Just Happened? - Regie: Barry Levinson
- Darsteller: Robert De Niro, Catherine Keener, Bruce Willis, Sean Penn, Stanley
Tucci, John Turturro - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ab 12 - Länge:
105 min. - Start: 26.3.2009
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