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Keine gute Tat
In Sam Millers Thriller "No Good Deed" gilt alles Interesse dem Hauptdarsteller Idris Elba.
Idris Elba ist der einzige Schauspieler aus dem großartigen Cast der HBO-Serie "The Wire", der seine Rolle - er gab den betriebswirtschaftlich ambitionierten Dealer Stringer Bell - in dauerhaften Starruhm transformieren konnte. Inzwischen taucht er in gefühlt jedem zweiten Blockbuster auf (in den Marvel-Filmen zum Beispiel als Donnergott Heimdall) und hat die Titelrolle in der Krimiserie "Luther" übernommen. Hierzulande eher untergegangen, in den USA aber ebenfalls ungemein erfolgreich war "Obsessed", ein kleinformatiger Thriller, in dem Elba sich der eindeutigen, aber brandgefährlichen Avancen einer kratzbürstigen Ali Larter zu erwehren hatte.
"Keine gute Tat", ein weiterer kleinformatiger, in sympathisch
ökonomischen 84 Minuten abgewickelter Thriller, dreht den Spieß jetzt
um: Diesmal ist der hühnenhafte Elba der charmante Aggressor. Praktischerweise
legt gleich zu Beginn eine Rückblende sein Krankheitsbild offen. Der verurteilte
Mörder Colin sei, doziert ein Psychologe, ein "bösartiger Narzisst",
der andere Menschen glänzend manipulieren könne, der aber, wenn die
Dinge nicht nach Plan laufen, schnell hohldrehe. Damit formuliert der Film nicht
nur eine Pathologie, sondern auch eine Schauspielaufgabe für Elba.
Heimgesucht wird Terry, eine praktischerweise sozial und - weniger explizit, aber man muss nur auf die überroutinierte Art und Weise achten, wie sie sich von ihrem Ehemann verabschiedet, um zu erkennen, wie der Hase läuft - sexuell frustrierte Hausfrau und Mutter zweier Kinder (deren älteres dadurch beeindruckt, dass sie noch in den dramatischsten, lebensbedrohlichsten Situationen eine buddhahaft stoische Ruhe bewahrt). Aber obwohl Taraji P. Henson gerade die resolute Mütterlichkeit (den entschlossenen Griff zum Feuerlöscher, um den Angreifer abzuwehren zum Beispiel) gut hinbegekommt, ist der Film ganz auf Elba zugeschnitten - auch zum Beispiel eine reichlich sonderbare Duschszene interessiert sich in erster Linie für seinen durchtrainierten Oberkörper.
Tatsächlich wird der Film, dramaturgisch ganz und gar nicht naheliegend, bis kurz vor Schluss aus seiner Sicht erzählt: Colin entkommt aus einem Gefangenentransport, schaut erst bei einer Ex vorbei, was dieser das Leben und ihn die Contenance kostet. Psychisch schon leicht angekratzt, hat er einen Autounfall und klopft lädiert an Terrys Tür. Es folgt ein Katz-und-Maus-Spiel, das längst nicht so packend ist, wie es hätte sein können, wenn Regisseur Sam Miller auf die simple, effektive Grundsituation vertraut und auf den einen oder anderen dämlichen Plottwist verzichtet hätte (für einen wirklich überzeugenden home-invasion-Thriller siehe zum Beispiel den Ida-Lupino-Film "Beware, My Lovely"). Aber gut unterhalten hat mich der Film durchaus, seine untergründige Hysterie vor allem: Eigentlich hätte er sich dem psychopathischen Charme seiner Hauptfigur nur allzu gerne mit Haut und Haaren ergeben, aber dann muss er ihm eben doch eins mit dem Feuerlöscher überbraten.
Lukas Foerster
Dieser Text ist zuerst erschienen in: www.perlentaucher.de
Keine
gute Tat
(No Good Deed) - USA 2014 - 84 Min. - Start(D): 20.11.2014 - FSK: ab 16 Jahre
- Regie: Sam Miller - Drehbuch: Aimee Lagos - Produktion: Lee Clay, William
Packer - Kamera: Michael Barrett - Schnitt: Randy Bricker - Darsteller: Idris
Elba, Taraji P. Henson, Kate del Castillo, Henry Simmons, Mark Rhino Smith,
Wilbur Fitzgerald, Frank Brennan, Walter Hendrix III, Demetrice Jackson, Alan
D. Purwin, Gregory Marshall Smith, Gregory Cook, Kelly O'Neal, Kenny Alfonso,
Serrell K. Rollins - Verleih: Sony Pictures Germany
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