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Kiss & Kill
Wenn der Ehemann einst Auftragskiller war, soll sich
daraus eine romantische Komödie entwickeln. Ziel verfehlt.
In vielen Filmen über Geheimagenten und Terroristen
des letzten Jahrzehnts hat sich so etwas wie eine paranoische Struktur niedergeschlagen,
die beiden Seiten – Geheimdiensten und Terrororganisationen – Eigenschaften,
Wertesysteme und Fähigkeiten zuschreibt, die sie einander bis zur Ununterscheidbarkeit annähern. Nicht nur trauen die Filme etwa der CIA
und ihren Geschwisterorganisationen rechtswidrige Entführungen (Machtlos, Rendition, 2007) Gehirnwäsche (die Bourne-Filme)
und Morde zu, ihre Agenten können sich nun auch, terroristischen Schläfern
gleich, unbemerkt überall einnisten, um erst auf Befehl aktiv und sichtbar
zu werden.
Kiss & Kill (Killers), ein Film, der eigentlich etwas ganz anderes sein will,
nämlich eine mit Action aufgepeppte romantische Komödie, setzt das
radikal um und verschwendet keinen Gedanken an seinen eigenen politischen Unterbau.
Spencer Aimes (Ashton Kutcher) ist einer der besten
Auftragskiller der CIA, als er Jen Kornfeldt (Katherine Heigl)
kennenlernt, sich verliebt und beschließt auszusteigen. Drei Jahre später
leben Spencer und Jen glücklich und friedlich in einem riesigen blauen
Haus in einer Neubausiedlung, aber als Spencers alter Chef ihn
zu kontaktieren versucht, entpuppen sich plötzlich unzählige der Nachbarn
als Auftragskiller, die nur auf den Befehl gewartet hatten, ihren ehemaligen
Kollegen zu töten.
Lustig soll daran sein, dass Jen bis zu diesem Zeitpunkt
von Spencers früherer Arbeit nichts weiß und hier nun
also plötzlich durch eine Welt stolpert, die nicht die ihre ist. Leider
ist das aber weder besonders komisch (nur Catherine O’Hara als Jens pegeltrinkende
Mutter hat ein paar amüsante Szenen) noch romantisch; Heigl und Kutcher spielen nebeneinander her, ohne dass je so etwas wie Zuneigung und
Vertrautheit zwischen ihnen entstünde, und zum ungelenken Spiel kommen
noch unangenehme Stereotype hinzu. Denn natürlich ist der Mann hier der
professionelle Praktiker, während die Frau, obgleich keineswegs Heimchen
am Herd, als unpraktisch, tollpatschig und gelegentlich hysterisch präsentiert
wird.
Heigl scheint im Moment auf solche Typen abonniert zu
sein: Zuletzt war sie in Die nackte Wahrheit (The Ugly Truth, 2009), ebenfalls unter der Regie von Robert Luketic, als
leicht verklemmte, nach Sicherheit verlangende Karrierefrau neben einem ungezähmten
Mann zu sehen. In Kiss & Kill bekommt ihre Figur jedoch nicht nur keine Möglichkeit,
sich zu entwickeln, sie steht, wie sich am Ende des Films herausstellt, zwar
im Zentrum der ganzen Handlung, jedoch nur als passives Objekt, während
die Männer um sie herum die Handlung in Gang setzen, vorantreiben und beenden.
Der eigentliche Konflikt löst sich dann in Wohlgefallen
auf, und Jen ist’s nur recht, solange Familienleben und trautes Heim intakt
bleiben. Reaktionärer und frauenfeindlicher ist Mainstreamkino
nur selten.
Rochus Wolff
Dieser Text ist zuerst erschienen in: www.critic.de
Kiss & Kill
USA 2010 - Originaltitel: Killers - Regie: Robert Luketic - Darsteller: Katherine Heigl, Ashton Kutcher, Catherine
O'Hara, Tom Selleck, Alex Borstein, Katheryn Winnick, Rob Riggle, Mary Birdsong, Kevin Sussman, Martin Mull - FSK: ab 12 - Länge: 100 min. - Start: 5.8.2010
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