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Kya
Ka Ra Ba A
Selbstreflexives Video-Dokument von Naomi
Kawase, der japanischen Durchstarterin: Ein wunderbares Kleinod.
Noch einmal, wie in einer früheren
Arbeit, macht sich Naomi Kawase, die mit Moe
no Suzaku wie aus dem
Nichts in den Ruhm der Festival-Filmzirkel vorstieß, auf die Spurensuche
nach dem Vater, den sie als Kind nie kannte. Jetzt ist er bereits tot – und
Kawases fragiles, unendlich schönes Video gerät zur Arbeit über
Schmerz und Erinnerung. In poetischer Montage folgt sie ihrer Familie, ihren
früheren Filmen, ihren (durchaus dünkelhaften) Selbstzweifeln – und
findet zwischen den vergänglichen Erscheinungen des Menschen nur die Beständigkeit
der Elemente (der Titel bedeutet soviel wie: Der Himmel, der Wind, das Wasser,
das Feuer, die Erde). So gesehen ist es nur konsequent, dass sie sich in den
Schmerz in den eignen Körper einschreiben lassen will: Eine Tätowierung
soll ewig an den Vater erinnern. Die zweite Hälfte dieses 50minütigen
Videos, nicht weniger faszinierend, befremdlich, komisch und bewegend als die
erste, besteht eigentlich nur aus einer Diskussion mit dem Betreiber des Tattoo-Shops:
Er weist Kawase darauf hin, dass die Tätowierung ihren sozialen Ruin bedeuten
würde (nur Yakuza lassen sich in Japan großflächig tätowieren
– das Gespräch eröffnet gleichzeitig eine völlig andere Weltsicht
als bei uns, wo ein Tattoo ein schickes Accessoire ist und kaum als die Körperverletzung
oder –veränderung betrachtet wird, die sie ihn Japan symbolisiert) – und
es entspinnt sich eine Unterhaltung darüber, ob (und wie) man im Namen
der Kunst Selbstausbeutung und –darstellung betreiben kann/darf/muss (auch der
Tätowierer versteht sich als Künstler). Am Schluss bleibt alles in
der Schwebe: Man sieht Kawase, nackt, mit einem riesigen Tattoo (dessen Echtheit
fraglich bleibt) auf dem Rücken, zwischen Erde und Himmel von der Kamera
weglaufen, einem Sonnenuntergang zu – und wer nicht sprachlos ist angesichts
der Schönheit und Vieldeutigkeit dieses Bilds, in dessen Brust schlägt
kein menschliches Herz, sondern ein Klumpen altes, ranziges Fett.
Christoph Huber
Dieser Text ist zuerst erschienen
in: www.allesfilm.com
Kya
Ka Ra Ba A
Japan 2001- 50 min
Regie: Naomi Kawase
Buch: Yuko Naito
Produzent:Yuko Naito
Kamera: Yuko Naito, Masami Inomoto
Schnitt: Masami Inomoto
DarstellerInnen: Naomi Kawase, Emiko Ikegami, Kiyonobu Yamashiro,
Uno
Kawase
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