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Luna Papa
Daß Tom Cruise der Papa ist oder
sein Freund oder der Mond, wo es doch in der Vollmondnacht passierte, mag man
nicht recht glauben, und doch ist es wahr, daß im Dreiländereck Tadschikistan,
Usbekistan und Kirgisien eine Kuh vom Himmel fiel, genauer ein Bulle, und ich
wäre auch durchgedreht, wenn das Flugzeug mit den korrupten zweibeinigen
Bullen mich von der Weide gefischt hätte. Der tadschikische Regisseur Bakhtiar
Khudojnazarov (»Neues Spiel, neues Glück«) fabulierte kräftig
drauflos; das ist so urtümlich wie der Märchenerzähler auf dem
Basar, dann jedenfalls, wenn er nicht nur dem Klischee entspricht, sondern sich
obendrein in Rage redet. Der Drehort muß dann natürlich auch archaisch
sein, am besten in einem Naturschutzpark fern im zentralen Asien. So geschah
es. Unweit von Samarkand bauten die Produzenten ein klischeekompatibles Usbekendorf
in die geschützte Landschaft, und dann ratterten anderthalb Jahre die Generatoren.
Zu Beginn (August 1997) war die mondgeschwängerte Tartarin Chulpan »Morgenstern«
Khamatova 22 geworden; sie gibt zum besten, was sie in der Meisterklasse der
Russischen Theaterakademie gelernt hat; außerdem stand sie gleichzeitig
für Veit Helmers »Tuvalu« vor der Kamera. Sollen wir jetzt
einen neuen Trend ausrufen?
Davon gleich mehr. Zunächst zu Moritz
Bleibtreu, der den Bruder der Tatarin spielt, die eine Usbekin darstellt. Schwierig
irgendwie? Moritz versicherte mir hinterher, daß gar nicht, weil er ja
nichts zu sagen habe. Was stimmt. Und überhaupt wird man ja wohl nichts
gegen Behinderte einwenden, die einen Knacks bekommen haben, weil bei der Wehrübung
was dumm gelaufen ist, jedenfalls hat er im Film so gut wie keine Dialoge. Das
hat das Zusammenspiel sehr erleichtert. Wenn nur diese komplizierten Fluganreisen
nicht gewesen wären. Zumal weil außerhalb des Filmdorfs, also entlang
der Grenzen des Parks, ethnisch gestritten und der Reiseverkehr beeinträchtigt
wurde; doch dem Roten Kreuz gelang es, das Team in höchster Not zu evakuieren.
Davon sehen wir aber nichts, denn »der Film lebt von der Sehnsucht nach
den Urgefühlen: Familie, archaische Werte, die Suche nach Liebe und Sicherheit«,
freut sich der deutsche Produzent Karl Baumgartner, und: »Der Film paßt
genau ins Pandora-Profil.« So gesehen
paßt Moritz »Reiner Tor« Bleibtreu, soweit er behindert ist,
dort ebenfalls prima hinein, und da das archaische Gefühl globaler Natur
ist, haben sich Produktionsfirmen bis hin zum fernen Tokio am 4-Millionen-DM-Film
beteiligt, nicht zu vergessen NTV-Profit (Moskau), ZDF (Mainz) und DRS (Zürich);
aufgepaßt: Es wird geschauspielert!
Dietrich Kuhlbrodt
Dieser Text ist zuerst erschienen in: Konkret
Zu
diesem Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere
Texte
Luna
Papa
BDR/Österreich
1999. R: Bachtiar Chudojnazarov. B: Irakli Kwirikadze, Bachtiar Chudojnazarov.
P: Heinz Stussak, Karl Baumgartner. K: Martin Gschlacht, Dusan Joksimoviç,
Rostislav Pirumov, Rali Ralchev. Sch: Kirk von Heflin, Evi Romen. M:
Daler Nasarov. T:
Rustam Achadov. A:
Negmar Dschuraev. Ko:
Zebo Nasirova. Pg: Pandora/Prisma Film. V:
Arthaus. L: 106 Min. FBW: wertvoll. Da: Chulpan Hamatova (Mamlakat), Moritz
Bleibtreu (Nasreddin), Ato Muchamedschanov (Safar), Merab Ninidze (Alek), Nikolai
Fomenko (Yassir), Lola Mirzorachimova (Sube), Scheraly Abdulkaiso (Akbar). Start:
27.7.2000 (D), 15.6.2000 (CH), 8.9.2000 (A).
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