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Moon
Von Einsam- und Zweisam-
und Dreisamkeit auf dem Mond erzählt das mit Science-Fiction-Geschichte
getränkte Spielfilmdebüt "Moon" von David Bowies Sohn Duncan
Jones.
Die Lösung für die Energieprobleme der Menschheit
liegt auf dem Mond. Ein Werbeclip zu Beginn von Duncan Jones' Filmdebüt
"Moon" führt das vor (Jones hat bislang sehr erfolgreich als
Werbefilmer gearbeitet). Auf der dunklen Seite des Mondes schaufeln unbemannte
Riesenmaschinen Helium-3 in sich rein und versorgen die Erde so mit siebzig
Prozent der dort benötigten Energie. "Lunar Energies"
heißt die Firma, die ihr Wirken in diesem Clip anpreist. Nur am Anfang,
im Werbefilm, und am Ende sieht man Bilder der Erde. Dazwischen befinden wir
uns auf dem Mond.
Vorgestellt wird in einer Titelsequenz der einzige Mensch,
der dort lebt und die automatisierten Maschinen beaufsichtigt. Sein Name ist,
kurz und fast nicht individualisierend, Sam Bell, ein Mann, dem die Stunde schlägt.
Es spielt ihn Sam Rockwell, ein virtuoser Darsteller, der es allerdings mit
der Virtuosität manchmal - und später dann auch in diesem Film - so
übertreibt, dass man mehr sein Können sieht als die Figur. Sehr hübsch
gebastelt ist die Titelsequenz. Der Paratext schreibt
sich hinein in den "Text", die Namenszüge scheinen geschrieben
auf die Oberflächen des Erzählhandlungsraums. Man kann sich das ansehen auf der Website "The Art of the Title Sequence", die zu besuchen ohnehin lohnt.
Das Design der Mondstation ist abgeklärt nicht-futuristisch.
Sie sieht aus, wie man sich als langjähriger Science-Fiction-Film-Zuschauer
eine eher langweilige, in aller Sterilität etwas runtergerockte
Mondstation vorstellt. Ein paar Bildschirme, ein paar Maschinen, ein Laufband
fürs Training, Schleusen, Panels, nichts weiter Aufregendes. Nicht der
mindeste Ehrgeiz, die Zukunft neu zu erfinden. Was einerseits sicher Absicht
ist, "Moon" ist ein Film der Wieder- und Doppelgänger. Ein Wiedergänger
ist etwa der Hilfsroboter Gerty, in dem jeder eine Variation auf HAL erkennt, die im
Erlöschen so menschliche Maschine aus "2001". Gerty ist weniger streng und kommuniziert seine Stimmungen verlässlich
per Smiley. In der Originalfassung spricht ihn Kevin Spacey mit sofort verdächtiger
Freundlichkeit.
Interessant ist "Moon", solange sich nichts
weiter Aufregendes zuträgt. Leider legt der zunächst so verdächtig
freundlich dahingleitende Film sich eine Geschichte zu und ein Drama und ein
philosophisches Problem. Alles daran ist Wieder- und Doppelgang, Second-Hand-Variation
vertrauter Motive. Man denkt aber nicht, dass Duncan Jones - der Sohn, nicht
dass es etwas zur Sache tut, David Bowies - es auf einen tief unoriginellen Film und die Reflexion der Ermüdungserscheinungen
eines Genres angelegt hätte. Er lässt stattdessen Sam Rockwell seine
Virtuosität doppelt- und dreifach ausspielen und nimmt sein auf nicht sonderlich
interessante Weise behandeltes Replikanten-Drama durchaus
ernst. Ein wenig Spannung ergänzt die hoch solide entworfene Innenausstattung
und das überzeugend düstere Monddesign. Man sieht "Moon"
an, dass sein Macher was kann. Fraglos hat er sich damit für Budgets der
ersten Hollywood-Liga qualifiziert. Der Nachfolger, wieder ein Science-Fiction-Film,
Titel "Source Code", Hauptrolle Jake Gyllenhall,
ist bereits in der Postproduktion.
Ekkehard Knörer
Dieser Text ist zuerst erschienen im: www.perlentaucher.de
Moon
Großbritannien 2009 - Regie: Duncan Jones - Darsteller: Sam Rockwell, Dominique McElligott, Kaya Scodelario, Benedict Wong, Matt Berry, Malcolm Stewart, Adrienne Shaw, Rosie Shaw, Matt Berry, Robin Chalk - FSK: ab 12 - Länge: 97 min. - Start: 15.7.2010
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