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Palermo
oder Wolfsburg
Nun wird's ernst. Schluß mit der Schnodderigkeit, Larmoyanz, Unverbindlichkeit, Scherz und Schalk. Werner Schroeter hat es geschafft, einen Film über die BRD zu drehen, der ebenso richtig und gut ist wie die besten von Fassbinder. Auch Schroeter hat keine Angst vor seinen eigenen Gefühlen (hatte er noch nie) und so zeichnet er unser Land, indem er es mit seinem Gegenteil konfrontiert: einem ökonomisch verwahrlosten, kulturell integren, menschlich idealen Sizilien. Ein aus ökonomischer Not emigrierter junger Sizilianer erlebt bei VW in Wolfsburg den Culture-Clash und begeht schließlich einen Mord, um seine Ehre zu retten.
Schroeter konfrontiert aber nicht nur zwei dargestellte Welten, sondern auch zwei Methoden der Darstellung: das Pathos seiner irrealen Opern und den Neo-Neo-Realismus von "Neapolitanische Geschwister". Schroeter wechselt zwischen Subjekt und Objekt, persönlich erlebtem Leid und dessen objektiven Ursachen. Die Darsteller sind zu einem Teil Laien wie der Hauptdarsteller, zum anderen Profis des 60er Avantgarde-Films und Theaters, wie Magdalena Montezuma oder Harry Baer. Auch hier werden also ziemlich einfache Gesten und Selbstdarstellungen dem riesigen, verfeinerten Ausdrucksrepertoire der deutschen Schauspielerelite gegenübergestellt.
Aber "Palermo oder Wolfsburg" lebt nicht einfach nur von Kontrasten, jede Einzelheit für sich genommen trifft Kopf und Herz, etwa wenn der anarchistische italienische Kollege des Helden aus dem Off spricht, während man das VW-Werk in allen Einstellungen sieht: "Diese Gesellschaft kann man nicht verändern. Diese Gesellschaft muss man zerstören. Und davon bin ich besessen".
Diedrich
Diederichsen
Dieser Text ist zuerst erschienen in: Sounds 5/1980
Zu
diesem Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere
Texte
Palermo
oder Wolfsburg
BR
Deutschland / Schweiz 1979/1980
Regie:
Werner Schroeter
Regie-Assistenz: Horatio Torrini;
Ursula West
Script:
Ines Zamurovic
Drehbuch:
Werner Schroeter; Giuseppe Fava
Dialoge:
Oracio Torrisi; Werner Schroeter; Klaus Dethloff
Kamera:
Thomas Mauch
Kamera-Assistenz:
Jörg Schüller; Rolf Silber; Fritz Poppenberg; Giorgio Urbinelli
Standfotos:
Elfi Mikesch; Digne Meller Marovicz
Licht:
Ulrich Lotze
Ausstattung:
Alberte Barsacq; Roberto Lagana; Magdalena Montezuma; Edwin Wengoborski
Kostüme: Alberte Barsacq;
Magdalena Montezuma; Roberto Lagana; Heidi Klotz (Assistenz)
Maske:
Werner Schroeter; Lamberto Marini
Schnitt:
Werner Schroeter
Schnitt-Assistenz:
Ursula West
Ton:
Heiko von Swieykowski
Mischung:
Gerhard Jensen
Musik:
Alban Berg
Darsteller:
Nicola Zarbo: Nicola
Otto Sander: Staatsanwalt
Ida Di Benedetto: Giovanna
Magdalena Montezuma: Verteidigerin
Johannes Wacker: Richter
Antonio Orlando: Antonio
Brigitte Hahn: Brigitte Tilg
Gisela Hahn: Brigittes Mutter
Calogero Arancio: Nicolas Vater
Cavaliere Comparato: Großgrundbesitzer
Padre Pace: Pfarrer
Harry Baer: Hausbesitzer
Ula Stöckl: Schöffin
Tamara Kafka: Zeugin
Ines Zamurovic: Dolmetscherin
Isolde
Barth: Schlagersängerin
Produktionsfirma:
Thomas Mauch Filmproduktion (München + Berlin); Artco-Film (Genf); Zweites
Deutsches Fernsehen (ZDF) (Mainz)
Produzent:
Thomas Mauch; Eric Franck
Dreharbeiten
09.04.1979-05.07.1979: Palma di Montechiarrio, Sizilien, Wolfsburg
Erstverleih:
Prokino Filmverleih GmbH, München
Länge
4936 m, 180 min
Format
35mm, 1:1,66
Prüfung/Zensur
FSK-Prüfung (DE): 19.12.1980, Nr. 52045, ab 12 Jahre / feiertagsfrei (DVD:
ab 16 Jahren)
Kinostart
(DE): 14.03.1980, München, ABC
DVD
Die
DVD von „Palermo oder Wolfsburg“ ist im Aprl 2009 bei der
filmgalerie 451 erschienen und für
14,90 € im Handel erhältlich.
DVD-Info:
Extras:
12-seitiges Booklet mit Filmfotos von Digne M. Marcovicz, Aktuelles Interview
mit Werner Schroeter (10 min), Trailer, Wendecover ohne FSK-Logo
Untertitel:
Englisch
Sprachen:
Deutsch (teilweise OmU)
Bildformat:
16:9
Tonformat:
DD 2.0
Laufzeit:
170 Min. + Extras
Regionalcode:
ohne Code
System:
NTSC, Farbe
Veröffentlichung:
03.04.2009
FSK:
Ab 16 Jahren
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