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Percy
Jackson
- Diebe im Olymp
„Your
blood is special. It’s the blood of a God.“ Der
Beginn einer neuen Filmserie, von Harry Potter inspiriert, von Chris Columbus
inszeniert.
Am
liebsten würde man jeden Satz mitschreiben, um genau belegen zu können,
wie einfältig die Dialoge dieser Romanadaption sind. Zwei Götter begegnen
sich, in staatstragendem Tonfall: „It’s been many years“. Ein paar Parolen später
ist klar: Die Götter mögen sich nicht und tragen den Zwist über
ihre Kinder aus. Einer dieser Halbgötter ist Percy Jackson (Logan Lerman).
Der weiß zu Beginn des Films noch nichts von seinem besonderen Blut und
auch nichts von seinen übermenschlichen Kräften. In der Schule hat
er Schwierigkeiten, er liest die Buchstaben nicht in der richtigen Reihenfolge.
Das zeigt uns der Film in einer subjektiven Einstellung, die die Buchstaben
auf der Tafel umherspringen lässt. Als Percy nach Hause kommt und seiner
gutherzigen Mutter (Catherine Keener) gegenübersteht, wird die Lesestörung
ausbuchstabiert: „This dyslexia thing is getting worse“. Bevor das große
Abenteuer beginnt, muss noch einiges etabliert werden, die Feinde werden als
groß, schleimig und mitunter feuerspeiend eingeführt, die Freunde
als opferbereit, mutig, lustig und attraktiv. Nachdem sich Percy Perceus Jackson
erstmal als Sohn von Poseidon bewiesen hat, steht ihm die robuste Annabeth (Alexandra
Daddario), Tochter der Göttin der Weisheit, zur Seite: „I’ve never been
in a real Quest“. Ihre Motivation passt auf einen Bierdeckel.
Percy
Jackson - Diebe im Olymp
(Percy
Jackson & the Olympians: The Lightning Thief)
wendet sich offenbar an deutlich jüngere Zuschauer als sein Vorbild Harry
Potter,
dessen erste
beide Teile ebenfalls vom einfallslosen Chris Columbus inszeniert wurden. Mehr
noch, der Film übernimmt nach der Einführung die Dramaturgie eines
Computerspiels. Die Helden wissen es vorab: Sie müssen drei Perlen einsammeln
– sprich: in drei „Welten“ bestehen – bevor sie gegen den großen Bösen
kämpfen und schließlich im letzten Level die Welt retten. Die Vorwürfe
gegenüber den Dialogen greifen daher zu kurz, denn als Handlungsanweisungen
und -erklärungen eines Videospiels sind sie durchaus passgerecht. Nur mit
dem Zusehen ist das so eine Sache: Es ist ungefähr genauso spannend, wie
andere Leuten beim Computerspielen zu beobachten.
Das
ganze Projekt, von der vor allem in den USA sehr erfolgreichen Romanserie bis
zur angestrengten Werbekampagne für den Film, steht für die Vergesslichkeit
des Publikums oder für dessen Wunsch, immer wieder dasselbe zu sehen. Die
Inszenierung legt genau dies an den Tag: eine infantile Begeisterungsfähigkeit
für 1000x bereits Dagewesenes, wie im staunenden Blick der Teenager und
der Kamera auf die glitzernde Fassade von Las Vegas. Auf den letzten Metern
versucht Percy Jackson durch Geschwindigkeit zu retten, was zu retten ist und
sich mit allerlei Effekten aus der Versenkung zu heben und noch den Anschein
eines Blockbusters zu erwecken. Dabei befolgt er streng die Regeln des konservativen
Jugendfilms: In der Hauptrolle findet sich mit Logan Lerman eine Kreuzung aus
Disney-Star Zac Efron und Gossip-Guy Chace Crawford, süß, brav und
unheimlich cool, der mit seinen wenigen Gesichtsausdrücken ausreichend
ungefährlich und attraktiv zugleich wirkt. Im Film ist er mit etwa 16 Jahren
zwar fünf Jahre älter als im ersten Buch, doch das Mädchen darf
er deswegen trotzdem nicht küssen. Wenn es nach den Vorlagen geht, dann
wird der erste Kuss noch bis zum vierten Teil hinausgezögert. Vorher gibt
es Enthaltsamkeit, Abenteuer und jede Menge Merchandise-Artikel zu kaufen –
nur komischerweise kein Computerspiel, aber dieses Erlebnis bietet ja schon
das Kino.
Frédéric
Jaeger
Dieser Text ist zuerst erschienen bei: www.critic.de
Percy
Jackson - Diebe im Olymp
USA
2010 - Originaltitel: Percy Jackson & The Olympians: The Lightning Thief
- Regie: Chris Columbus - Darsteller: Logan Lerman, Brandon T. Jackson, Alexandra
Daddario, Pierce Brosnan, Uma Thurman, Sean Bean - FSK: ab 12 - Länge:
118 min. - Start: 11.2.2010
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