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Results
Wie in einem Rudolf-Thome-Film wird am Schluss gemeinsam getanzt. Der Weg dorthin ist in „Results“ von Regisseur Andrew Bujalski allerdings etwas kurvenreich. Das liegt scheinbar in der Natur der Sache, denn der Film präsentiert Austin, Texas als Dienstleistungs-Wunderland zwischen Fitness-Studio, Grünkohl-Smoothie und YouTube-Promo-Auftritten mit einer spirituellen Komponente. Stichwort: Selbstoptimierung mit dem gewissen Extra.
Danny, frisch geschieden, aber dafür mit einem Millionenerbe
versehen, kommt aus New York City nach Austin und weiß, dass er sein Leben
ändern will. Beispielsweise etwas mit dem aus der Form geratenen Körper
anfangen. Doch schon beim Vorstellungsgespräch im Fitness-Studio hat er
sichtlich Probleme, seine „personal fitness goals“ zu benennen. Er wirkt ein
wenig seltsam, irritiert, angeschlagen, aus der Bahn geworfen, schlaff, ohne
Plan. Vielleicht ist er deshalb der perfekte Klient für die durchtrainierte
und sehr ehrgeizige Trainerin Kat, die auf die 30 zugeht, aber noch keinen richtigen
Lebensplan entwickelt hat. Nur umfassend „fit“ zu sein, scheint höchstens
im Studio ein tragfähiges (Lebens-)Ziel.
Danny verfügt über sehr viel Geld und ist bereit, sein Training
Jahre im Voraus zu bezahlen, obgleich jede Pizza sein Interesse am mühevoll
zu stählenden Body problemlos aussticht. Fitness-Studio-Boss Trevor wiederum,
der gerne davon spricht, seine Träume Realität werden zu lassen, möchte
das nächste Level seines Berufslebens durch eine Vergrößerung
des Studios erreichen und könnte dafür Dannys Geld gut gebrauchen.
So könnte sich eins zum anderen fügen, wäre da nicht die Unfähigkeit,
miteinander Klartext zu reden. Denn das Dienstleistungssegment hat ein extrem
freundliches, konfliktscheues „Neu-Sprech“ entwickelt, das nur empathisches
Schulterklopfen kennt, aber keine Konflikte thematisieren kann. Hier gibt es
nur „optimale“ oder „suboptimale“ Lösungen bei der Bewältigung von
Problemen, die beim Erreichen persönlicher „Goals“ möglicherweise
entstehen. Was aber nicht weiter auffällt, weil man den anderen ohnehin
lieber „googlet“, als das persönliche Gespräch zu suchen.
Fitness-Kult (überall ist in diesem Film Obst platziert, am liebsten
grünes Obst), Selbstoptimierungsideologie und soziale Medien, die es erlauben,
beim Krankenbesuch eine „Soup-to-go“ auch mal persönlich vorbeizubringen,
da man die entsprechende App runtergeladen hat. Schöne neue Welt, in der
man besser nicht älter als 35 wird!
Zum Glück hat Danny bei seiner Scheidung einen Knacks abbekommen, so dass bald neben Grünkohl-Smoothies auch Whiskey und Weed zirkulieren, was irgendwie auch besser zum mäandernden Erzählverfahren zu passen scheint. Als New Yorker ist Danny ohnehin irritiert vom Texas-Lifestyle, den man eher in Kalifornien vermuten würde. Aber auch Kat und Trevor waren einmal eine Zeit lang „unprofessionell“, sprich: in ihrer gemeinsamen Geschichte gibt es eine nicht verarbeitete Erinnerung an eine kurze Affäre. So tauchen im Verlauf dieser schrägen Variante einer Romantic Comedy dann doch ein paar Fragen auf, an deren Lösung etwas länger laboriert werden kann: Soll Danny nach New York zurückkehren? Soll er als Geschäftspartner bei Trevor einsteigen, obwohl er so unförmig aussieht? Was wird aus Kat und Trevor? Welche Ratschläge hat der Fitness-Guru Gregory Volkov in petto? „Entscheide dich für dein Elend... Heul, oder tu was“, beispielsweise. Ob das dabei hilft, „total unprofessionell“ erwachsen zu werden? Aber ist das überhaupt noch eine Option in einer Welt, in der man sich selbst beim Get-Together der Sponsoren einer Initiative gegen Krebs bei Kindern über den Dächern Austins vornehmlich über die neuesten Workout-Moves austauscht?
Der Weg bis zur abschließenden Tanzszene ist steinig und unwegsam, ja, mitunter kaum auszuhalten, aber dafür als Off-Beat-Comedy zum Brüllen komisch und höchst unterhaltsam.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist zuerst erschienen in: filmdienst 5/2016
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Results
USA 2015 - 105 Min. - Start(D): 03.03.2016 - Regie: Andrew Bujalski - Drehbuch:
Andrew Bujalski - Produktion: Paul Bernon, Houston King, Sam Slater - Kamera:
Matthias Grunsky - Schnitt: Robin Schwartz - Musik: Justin Rice - Darsteller:
Guy Pearce, Cobie Smulders, Kevin Corrigan, Giovanni Ribisi, Brooklyn Decker,
Anthony Michael Hall, Constance Zimmer, Tishuan Scott, Zoe Graham, David Bernon,
Donn Adelman, Matt Adelman, Leslie Asaka, Rebecca Beegle, Tucker Bernon - Verleih:
Peripher Filmverleih
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