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Revanche
„Schaffen
kannst"
Ein kleiner See in einem Wald liegt spiegelglatt.
Etwas wird ins Wasser geworfen, sanfte Wellen breiten sich kreisförmig
aus. Mit diesem Bild beginnt „Revanche" des Österreichers Götz
Spielmann. Revanche bedeutet Rache, Vergeltung, aber auch eine zweite Chance
gegen einen Gegner, gegen den man bereits einmal verloren hat. Alex (fantastisch
gespielt von Johannes Krisch) ist ein geborener Verlierer, sein Gegner ist das
Leben. Gerade ist er aus dem Knast raus und arbeitet als Faktotum für einen
schmierigen Wiener Zuhälter, den Hanno Pöschl so schmierig spielt,
dass es fassungslos macht. Einmal sagt dieser Konecny zu Alex: „Weißt
du, was dein Problem ist? Du bist weich."
Alex hat sich in die Prostituierte Tamara
(Irina Potapenko) verliebt, die ihm zu Diensten ist, weil er sie mit Drogen
versorgt. Als Alex mitbekommt, dass Konecny größere Pläne mit
Tamara hat, beschließt er eine gemeinsame Zukunft mit der Frau, die ihn
nicht liebt. Im ersten Drittel zeigt „Revanche" das Wiener Rotlichtmilieu
so schäbig und brutal, dass man glauben könnte, in einem Film von
Ulrich Seidl („Hundstage") zu sitzen. Alex fährt zu
seinem Vater ins Waldviertel, plant einen Banküberfall in der hintersten
österreichischen Provinz, spioniert die Banken dort aus. Der Vater (Hannes
Thanheiser), hier nur »der Alte« genannt, bezeichnet seinen Sohn
als „Lump". Zu diesem Zeitpunkt entwickelt der Film überraschend ein
Eigenleben, verlässt seine Figuren für Sekunden, geht hinein in den
Wald, zeigt einen Kruzifix, biegt in der Stadt um eine Ecke und zeigt eine menschenleere
Gasse. Als Alex seine Pläne fertig geschmiedet hat, holt er Tamara aus
Wien ab. Der Überfall gelingt, doch auf der Flucht schießt der zufällig
vorbei kommende Polizist Robert (Andreas Lust) auf das Fluchtauto und tötet
Tamara. Das geschieht in jener Gasse, die der Film uns kurz zuvor gezeigt hat.
Als Alex später die Leiche ablegt, geschieht das in dem Waldstück,
das der Film uns kurz zuvor gezeigt hat. Nein, nicht das Schicksal waltet hier,
sondern das Mehr-Wissen des Erzählers. Jetzt ist Tamara tot und Alex spioniert
den Polizisten aus, der sie getötet hat, freundet sich mit der Frau des
Polizisten an.
Immer wieder zeigt der Film jetzt eine
Axt, die in einem Holzklotz steckt. Alex bekämpft seine Wut, seinen Selbsthass,
seine Schuldgefühle, indem er Holz hackt. Eine enorme Menge Holz. Am Ende
wird sein Vater sagen: „Eines muss man dir lassen, schaffen kannst!" „Revanche"
ist aktuell für den „Oscar" und den „Europäischen Filmpreis"
nominiert. Hätte der „Oscar" irgendeine Bedeutung, dieses Meisterwerk
hätte ihn verdient. Den „Europäischen Filmpreis" wird er wohl
bekommen.
Ulrich Kriest
Dieser Text ist zuerst erschienen in der: Stuttgarter Zeitung
Zu
diesem Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere
Texte
Revanche
Österreich
2008 - Regie: Götz Spielmann - Darsteller: Johannes Krisch, Irina Potapenko,
Ursula Strauss, Andreas Lust, Hannes Thanheiser, Hanno Pöschl, Toni Slama,
Magdalena Kropiunig, Rainer Gradischnig - FSK: ab 12 - Länge: 121 min.
- Start: 12.2.2009
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