zur startseite
zum archiv
Der
rosarote Panther 2
Ugly
in Pink
Um es vorweg zu nehmen: Karin Fongs Vorspann
ist das einzige, was diesen Autounfall von einem Film zumindest ansatzweise
mit seinen teils brillanten Vorgängerfilmen verbindet: Das ursprüngliche
Vorspannkonzept von Friz Freleng aus dem Jahre 1963 verlieh erstmals den einführenden
Schriftzügen in ihrer Interaktion mit dem titelinspirierten Cartoontier
eine greifbare Räumlichkeit, wenn nicht sogar eine konkrete Körperlichkeit.
Eben diese spiegelte sich damals auch in den Filmen, als Peter Sellers auf Seifen
ausrutschte, ganze Treppenhäuser hinabstürzte oder mit seinem persönlichen
Kung Fu-Butler Cato die haarsträubendsten Verletzungen austauschte.
Genau diese Körperlichkeit, die eine
conditio sine qua non jedes guten Slapstickfilms ist und die einzufangen Karin
Fong im animierten Vorspann noch gelingt, vermisst man durch den ganzen restlichen
Film hindurch schmerzlich. Steve Martin mag als wunderbarer Knallcharge seine
Karriere in fulminanten Auftritten bei "Saturday Night Live" oder
in "The Fool" begonnen haben, inzwischen aber ist er auf graumelierter
Idiot abonniert und kann weder die körperliche Radikalität noch den
traurigen Grandeur darstellen, die seit Peter Sellers’ Interpretation untrennbar
mit der Clouseau-Figur verknüpft sind.
Der erste Teil dieses Filmreihen-Reboots
war ein grenzhomophobes Relikt aus den Tiefen der Bush-Ära, als es noch
höchst genehm schien, die französischen »surrender monkeys«
zu verhöhnen aus Rache dafür, dass irgendein Landesverräter die
geliebten Pommes nach ihnen benannt hat. Der zweite Teil hat nun keine solche
Entschuldigung mehr und eigentlich auch keine wirkliche Daseinsberechtung: Nach
ausbleibendem Interesse von Publikum und Kritik beim ersten Mal ist die reine
Existenz dieser Fortsetzung schon verwunderlich, und der vermeintliche Ausbau
der Franchise auf internationale Schauplätze und Charaktere führt
zwar zu Kurzauftritten von illustren Größen wie Jeremy Irons, Lily
Tomlin, Andy Garcia und Jean Reno, aber auch die bringen nur neue Nationalstereotype
auf die Leinwand.
Sie alle scheitern, wie der Film insgesamt,
am zu schwachen Drehbuch, das schlicht und ergreifend nicht lustig ist. Die
Anstrengungen sind sichtbar, aber der körperliche Slapstick, wie in einer
Szene zwischen Clouseau und einer Handvoll Überwachungskameras, ist schlampig
inszeniert und gespielt, und die Dialoge bleiben auf Grundschulniveau. Vor allem
aber fehlt jeglicher Kriminalfall. Nichts ist mehr mit den größenwahnsinnigen
Oberschurken, über deren Pläne Clouseau buchstäblich stolperte;
nichts mehr mit absurd verdrehten Auflösungen der zugrundeliegenden Verbrechen
von ganz weit hinten. Stattdessen eine unmotivierte Hatz durch Schauplätze
und ein inkohärenter Plot, der mit unzusammenhängenden Clues arbeitet,
die einfach so aus dem Drehbuchnirvana geworfen werden. Und das frankophone
»pidgeon english«, das das Drehbuch allen französischen Figuren
andichtet, ist dabei noch ärgerlicher: Wer hätte gedacht, dass man
auf französischen Polizeistuben und Wohnzimmern keineswegs französisch,
sondern englisch (oder in der Synchronisation deutsch) mit einem grotesken pseudo-französischen
Akzent spricht? Jaja, die haben es faustdick hinter den Ohren, diese Franzosen:
Lassen uns erst ihre Grammatik pauken und schbreschen dann ’inter ünseren
Rühken kischernd wie dieser François aus dem Fernse’en. Selbst die
Kleinkinder. Man weiß nicht so recht, ob das lustig oder traurig sein
soll.
Das ganze Dilemma des Films wird schließlich
anhand zweier Figuren klar, die das Potential zu wahrer Größe gehabt
hätten. Da ist die bezaubernde Emily Mortimer als Clouseaus Geliebte, deren
natürlicher Charme völlig zugekleistert wird mit grausigem Akzent
und einer an den Haaren herbeigezogenen Figurenentwicklung. Und dann ist da
noch John Cleese als Dreyfus, eigentlich eine begnadete Besetzungsentscheidung
für die Nachfolge des legendären Herbert Lom, dessen hilflose Cholerik
Closeaus Vorgesetzten ja in späteren Filmen glaubhaft als Oberbösewicht
etablierte, der die Vernichtung der Welt vor allem deswegen anstrebt, um dabei
Couseau zu vernichten. Man kann sich den ständig unterdrückten Wüterich
Cleese sehr schön in dieser Rolle vorstellen, aber bis auf eine frühe
Szene, in der der britische Altmeister sein Gesicht auf höchst unterhaltsame
Weise mit den Badezimmerkacheln bekanntmacht, gibt das dahinplätschernde
Drehbuch auch seinen formidablen Kanonen kein Pulver. Und das ist das wahre
Verbrechen in diesem Film.
Daniel Bickermann
Dieser Text ist zuerst erschienen im: schnitt
Der
rosarote Panther 2
Pink
Panther 2. USA 2009. R: Harald Zwart. B: Scott Neustadter, Michael H. Weber,
Steve Martin. K:
Denis Crossan. S: Julia Wong. M: Christophe Beck. P: MGM,
92 Min. Sony Pictures ab 12.3.09
zur startseite
zum archiv