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The
Spirit
Drei
Farben: Noir
Will Eisners Comicreihe »Spirit«
war nie so berühmt wie »Batman« oder »Superman«,
dafür umso einflussreicher. Eisner war der Comicautor für Comicautoren,
und alle Großen der Branche, von Alan Moore über Neil Gaiman bis
Frank Miller, verehren ihn noch heute inbrünstig, schließlich waren
seine wagemutigen Experimente mit originellen Perspektiven, narrativen Verknappungen
und der Durchlässigkeit von Panel und Gutter wegweisend für ganze
Generationen, und der nach ihm benannte Preis gilt als Ritterschlag für
Zeichner wie Autoren. Entsprechend brauchte es mit Frank Miller einen Comicautor,
der sich des legendären Nachlasses annahm, um dem großen Vorbild
in Filmform Ehre zu erweisen: Über 600 siebenseitige Wochengeschichten
sind aus den 40ern und 50ern übriggeblieben, eine monumentale Fülle
aus Krimi-, Liebes-, Fantasy-, Humor- und Noir-Erzählungen von ungeheurer
Ökonomie und Dichte. Und auch wenn Miller sich den Stoff visuell durchaus
aneignet, den legendären nachtblauen Mantel des Helden schwärzt und
die ganze Welt in seine Lieblingsfarben Schwarz, Weiß und Rot taucht,
so schafft er doch einen Film einmaliger Stimmung, der tatsächlich der
Vielfalt und Intensität der Emotionen der verspielten Strips gerecht wird.
The Spirit
ist ein kichernder Rückgriff auf unschuldigere Zeiten, als man noch Frauen
weltweit verführen durfte, ohne Macho zu sein, als man noch mit armdicken
Seilen gefesselt wurde und die Bösewichte noch verhaute wie in der guten
alten Batman-Serie mit Adam West: Ein maskierter Held ohne Muskeln oder Superhirn,
dafür mit Charme, reichlich Humor und einer kuriosen Vorliebe zur Selbstkommentierung
schlägt und knutscht sich durch die Frauen- und Unterwelt seiner Heimatstadt
Central City. Gabriel Macht zeigt dabei genug Sex-Appeal für drei Filme,
ist damit aber noch nicht mal der primäre Hingucker: Samuel L. Jackson
verkörpert den im Comic nur aus Handschuhen und Zigarette bestehenden Superfiesling
mitsamt seiner kuriosen Fixierung auf Hühnereier abwechselnd als Black
Samurai oder Nazi-Zahnarzt und hat dabei soviel Spaß wie seit Tarantino
nicht mehr; Scarlett Johansson darf unterdessen hinreißend nebensächlich
den Schurken-Azubi geben. Sie alle bevölkern eine schneematschige, Voice-Over-lastige
Winterstadt, die von Kameramann Bill Pope brillant ausgeleuchtet wurde und mal
an Pennebakers Daybreak Express, mal an Sin
City erinnert. Dass
Millers Ästhetik nichts mit Realismus zu tun hat, darf man dabei nicht
als Makel zählen lassen: Wir bewegen uns hier im Stilisierungsbereich eines
Burton und Cocteau – dies ist das Kino der Träume.
Daniel Bickermann
Dieser Text ist zuerst erschienen im: Schnitt
Zu
diesem Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere
Texte
The
Spirit
USA
2009 - Regie: Frank Miller - Darsteller: Gabriel Macht, Samuel L. Jackson, Sarah
Paulson, Eva Mendes, Dan Lauria, Paz Vega, Louis Lombardi, Stana Katic, Scarlett
Johansson, Jaime King, Richard Portnow, Meeghan Holaway - Länge: 102 min.
- Start: 5.2.2009
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