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X-Men
Origins: Wolverine
Logan
rennt
In "X-Men Origins: Wolverine"
bekommt nun auch der Mann mit den modischen Koteletten und den rasiermesserscharfen
Krallen die Legende seines Ursprungs verpasst. Dafür geht einiges zu Bruch.
Superhelden, das macht bekanntlich ihre
Besonderheit aus, haben Superkräfte. Und diese Superkräfte sind, wie
jede gewöhnliche Kraft auch, vor allem dazu da, Wirkungen zu erzielen.
Ob das nun großartige, miserable oder desaströse Wirkungen sind,
ob Menschen aus Gefahr errettet oder ob Gebäude
und ganze Welten zum Einsturz gebracht werden, ist erst einmal zweitrangig.
Wichtig ist: Jede Tat eines Superhelden zieht eine oder mehrere Superfolgen
nach sich. Kurz gesagt: Der Superheld
schaut nur nach vorne, nie zurück. Egal, wer oder was gerade hinter ihm
explodiert. Superhelden sind somit äußerst zukunftsorientiert und
müssen es auch sein, weil das, was hinter ihnen liegt, ohnehin meist nur
Verwüstung ist. Sie gleichen mithin dem Engel der Geschichte, von dem es
bei Walter Benjamin heißt, dass er mit gewendetem Kopf die Trümmerhaufen
der Geschichte betrachte, während der Sturm des Fortschritts ihn unablässig
in Richtung Zukunft bläst.
Irgendetwas bläst auch den Superhelden
stets unbarmherzig weiter nach vorne. Bei James Logan, besser bekannt als Mutant
"Wolverine", kann das ein sich überschlagender Jeep sein, ein
Hubschrauber, der in Flammen aufgeht, oder die Gewalt eines zerberstenden Kühlturmes.
Da bleibt ihm wenig Zeit, über seine Herkunft und Vergangenheit nachzudenken,
die jede denkbare Katastrophe der letzten zwei Jahrhunderte umfasst, vom Amerikanischen
Bürgerkrieg bis zu den niedergebrannten Reisfeldern von Vietnam, montiert
in schneller Schnittfolge als morbide Geschichtslektion in einhundert rasanten
Sekunden.
Dazu kommt: der Mord am eigenen Vater,
der Bruder, der ihn töten will und eine Geliebte, die in seinen Armen verblutet.
Das ist weitaus mehr an niederschmetternden Schicksalsschlägen, als einer
alleine ertragen kann. Also rennt Logan. Aber wie schnell er auch rennt, immer
wieder wird er eingeholt und dann geht alles wieder von vorne los, mit den Explosionen,
mit dem Töten und mit dem Durch-die-Luft-geschleudert-Werden. Da er nicht
zerstört werden kann, setzen seine Gegner immer schwereres Geschütz
ein, und die Trümmerhaufen vergrößern sich.
In Gavin Hoods Comicverfilmung "X-Men
Origins: Wolverine" bekommt nun, nach Bat-, Super-, Iron- und Spider-Man,
nun auch der Mann mit den modischen Koteletten und den rasiermesserscharfen
Krallen die Legende seines Ursprungs verpasst. Dafür geht einiges zu Bruch.
Dietmar Kammerer
Dieser Text ist zuerst erschienen
in der: taz
X-Men
Origins: Wolverine
Hugh
Jackman als LoganUSA / Neuseeland / Australien 2009 - Regie: Gavin Hood - Darsteller:
Hugh Jackman, Ryan Reynolds, Liev Schreiber, Dominic Monaghan, Lynn Collins,
Danny Huston, Daniel Henney, Taylor Kitsch, Kevin Durand - FSK: ab 16 - Länge:
105 min. - Start: 29.4.2009
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