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Vergleich
Man
sieht Architekturstudenten
Frauen,
die den Lehm schichten, Männer, die aus den Ziegeln Häuser bauen.
Harun Farockis Film "Zum Vergleich" im Forum liefert Material für
eine Studie über Arbeit.
Harun
Farocki setzt mit seiner Dokumentation "Zum Vergleich" am Fundament
des sesshaften Daseins des Menschen an. Er beobachtet Menschen, die aus Erde
und Lehm Ziegel formen, mit Feuer die geschichteten Ziegel brennen, aus den
Ziegeln Häuser erbauen, in denen dann Menschen leben. Er beobachtet der
Menschen eigener Hände Arbeit und dann auch teils uralter, teils neuer
Maschinen Arbeit in Burkina Faso, in Indien, in Frankreich und in Deutschland.
Man sieht Vorgänge: Frauen, die den Lehm in Formen schichten und klopfen,
Männer, die aus den geformten und gebrannten Ziegeln Häuser bauen.
Man sieht entstehende Häuser und fertige Häuser und mit neuen Techniken
und mit alten erbaute.
Um
basale Dinge geht es in diesem Film, um Mensch und Arbeit, um die Bearbeitung
von Materie mit Technik. Man sieht Handgriffe und Instrumente und Abläufe,
die einfach aussehen und in denen zugleich jahrhundertealtes Wissen steckt.
Man sieht Menschen ohne Maschinen, man sieht Menschen an Maschinen, und man
sieht Maschinen fast ohne Menschen, die Stein auf Stein und Ziegel für
Ziegel Wände bauen. Man sieht, wie eine neue Idee - das Brennen von Ziegeln
erst im fertig geschichteten Haus - Fuß fasst. Man sieht Architekturstudenten
des Westens, die von den Techniken Afrikas lernen wollen. Eigener Hände
Arbeit heißt hier erst einmal: Abstraktion des Gesehenen in der Zeichnung.
All
das zeigt "Zum Vergleich", der Film von Farocki, der ursprünglich
eine Installation war mit Mehrfachprojektionen, nun linear. Es ergibt sich so,
eher notgedrungen vielleicht, eine aufsteigende Linie von simpelster Handarbeit
hin zu menschenloser Technik. Der eigentliche Vergleichsaspekt geht auf diese
Weise fast verloren, statt des Spiels von Ähnlichkeit und Differenz entsteht
eine Quasinarration von technischem Fortschritt. In Zwischentiteln liefert "Zum
Vergleich" knappe Informationen, die das, was man sieht, verorten, erklären,
ins Verhältnis setzen. Auf der Tonspur enthält sich der Film dagegen
jeden Kommentars. Man hört, was der Tonmann einfängt, man erfährt
aber nicht, was die Lehm- und Tonarbeiter sprechen. So kommt's, dass irgendwo
zwischen der Schlichtheit eines Schulfilms und den Experimentalabstraktionen
eines James Benning das Potenzial dieses Films auf der Strecke bleibt. Es steckt
eine hochinteressante Studie über Arbeit darin, leider will sie nie ganz
heraus.
Ekkehard
Knörer
Dieser
Text ist zuerst erschienen, anlässlich der Berlinale 2009, in der: taz
Zu
diesem Film gibt’s im archiv der filmzentrale mehrere
Texte
Zum
Vergleich
Deutschland
/ Österreich 2009 - Regie: Harun Farocki - Dokumentation - Länge:
62 min. - Start: 3.9.2009
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